Saint Tropez und die Côte d'Azur
Mit über 75 Millionen Besucher pro Jahr bleibt Frankreich das erste Urlaubsziel der Welt, weit vor China und den USA. In einer weltweiten Umfrage der 90er Jahre nach bekannten französischen Städten erreichte Saint Tropez den 3. Platz....
Kinofans denken natürlich zunächst an Brigitte Bardot oder Louis de Funès und fragen sich sicher, was bekannte französische Schauspieler in diese Gegend gezogen hat, wo doch Amerikaner und Ölscheiks eher die nördöstliche Ecke der Côte d'Azur bei Nizza und Cannes bevorzugen. Die Antwort ist leicht zu finden: Zwischen St. Tropez und Hyères ist nicht nur das beste Klima der ganzen Côte d'Azur und der Riviera, es ist auch die einzige Gegend, in der die Umgebung noch eine gewisse Vertraulichkeit erlaubt. Es gibt hier kaum Touristenschwärme - oder jedenfalls weniger als anderswo an der Côte.
Dies hat mehrere Gründe, die sich zeitlich gestaffelt haben: Zunächst konnte in den Bergen der Mauren wegen der sommerlichen Waldbrandgefahr kaum gebaut werden, schliesslich sind die Mauren als Südspitze der Alpen um einiges wärmer und trockener als der nördlich liegende Esterel. Dann, als die Nachfrage doch sehr drängend wurde, wollten die Baubehörden hier keine Klötzer haben, wie z. B. die Marina Baie des Anges in Nizza oder ähnliche Monster, die man an der Languedocküste bestaunen kann. Schliesslich und endlich kam dann praktisch gleichzeitig der Gesetzgeber und das Conservatoire du Littoral. Der Staat hat in den 80er Jahren ganz einfach das Bauen in unmittelbarer Nähe des Meeres verboten (bis zu 100 Meter vom Ufer). Die Küstenlinie an den Mauren erreicht meistens diese Breite gar nicht. Gleichzeitig hat die Regierung in Paris das Conservatoire du Littoral (Homepage in Englisch) gegründet. Dieses noch recht unbekannte Amt, das nur von ein paar Dutzend Beamten betreut wird, hat praktisch unbegrenzte öffentliche und private Finanzmittel, Enteignungsrechte und steuerliche Nachlassprivilegien, mit denen jedes angebotene Küstenland erwerblich oder andersartig erschwungen wird, um es vor Bagger zu schützen und unter Bauverbot zu stellen. Mit ca. 70.000 Hektar Küstenland und 850 Kilometer Meeresufer besitzt das Conservatoire heute schon ein gutes sechstel der ganzen französischen Küstenlinie, und bis zum Jahr 2050 sollen es 200.000 ha. werden, d.h. die Hälfte von Frankreichs Küsten! In typisch französischer Art und Weise wird ohne grössere Erklärungen der Privatbesitz and der Küste unterbunden.
Andererseits ist diese Institution mit ca. 15 Millionen Besucher pro Jahr schon heute das meistbesuchte Ekomuseum der Welt. Allerdings weiss man aber nur ganz selten, dass man sich auf Küstenwegen meistens auf einem Grundstück des Conservatoires befindet, mit den bildschönsten Teilen der französischen Küsten wie z.B. die Pointe du Raz in der Bretagne oder die Port Cros Insel und die Rayolgärten an der Côte d'Azur (beide direkt bei Pramousquier). Auch einige Seeufer sind vom Conservatoire betroffen, insbesondere die des Genfer Sees und des Lac d'Annecy.
Diese Entwicklung wird sich in absehbarer Zeit fortsetzen und verstärken. Daher kann sich der Grossteil der jährlich 30 Millionen Besucher der Côte d'Azur, der kaum Ahnung von dieser "neuen französischen Lebenskunst" hat, nur weiterhin in die Menschenmassen zwischen Saint Raphaël und Nizza eindrängen.
Aber auch wegen den Bergen war bebaubares Uferland hier schon immer sehr selten, da die Küstenstrasse oft direkt am Meeresufer entlang läuft. Wer ans Meer will, muss daher in der Regel zunächst die Uferstrasse überqueren. Strände sind in diesem Bergland natürlich auch äusserst selten. Genau sind es 15 Stück an der Corniche des Maures, zwischen le Lavandou und der St. Tropez Halbinsel, und darüberhinaus sind davon die meisten nur ein paar Meter lang. Frühaufsteher aus dem Hinterland finden aber meistens dennoch einen Sonnenplatz am Strand, wenn sie es schaffen, vorher einen Parkplatz an der Uferstrasse zu erobern....
Sie können verstehen, wie selten und gefragt ein Stück Land jenseits der Uferstrasse und ohne Felsen, d.h. direkt am Sandstrand, sein kann. Selbst der berühmte Club Méditerranée hat es nie geschafft, diese beiden Hindernisse gemeinsam zu überwältigen. Der einzige Club Med der Côte d'Azur ist direkt nebenan an den Hängen des Cap Nègre, auf der richtigen Seite der Uferstrasse, aber halt am Felsenufer. Zum Sonnen- und Wasserbad kommen die Cubmed Urlauber dann herüber zu unserem Strand, wo sie natürlich willkommen sind. Das Cap Nègre, das südliche Ufer unserer Meeresbucht, ist nebenbei gesagt das Cape Cod der Côte d'Azur, mit so extravaganten wie unerschwinglichen Besitztümern, privater Bergstrasse und einem im amerikanischen Stil überwachten Eingangstor... Der grosse Unterschied mit dem Sunset Boulevard in L.A. oder Super-Cannes ist wie gesagt, dass hier die Vertraulichkeit erhalten geblieben ist.